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Quo vadis Social Media?

SVAMA Event "Future of Social Media" [1]

Panel Future of Social Media

Die Silicon Valley American Marketing Association (SFAMA) hatte diese Tage eine Podiumsdiskussion mit dem weitgreifenden Titel „The Future of Social Media in 2010 [2]„. Mit Jeanette Gibson (Cisco [3]) und Maria Poveromo (Adobe [4]) waren zwei Vertreter von IT Firmen dabei, mit Ed Terpening (Wells Fargo [5]) ein Vertreter einer Bank und mit Rob Fugetta der CEO der Social Media Agentur „Zuberance [6]„.

Alle sind hauptberuflich, teilweise in leitende Stellung, in ihren Unternehmen zuständig für Social Media Aktivitäten.

Nach einen kurzen Einführungsvortrag des Moderators Jeremiah Owyang von der Altimeter Group über Social Media stellten sich die Panel Vertreter mit einen kurzen Abriss des Standes Ihrer Unternehmen vor.

Jeanette Gibson (Cisco) berichtete, dass Cisco seit 2005 Social Media Aktivitäten entfaltet und heute über 100 Twitter Kanäle und mehrere hundert Projekte in dem Bereich durchführt.

Maria Poveromo von Adobe erzählte, dass auch Adobe seit 2005 dabei ist. Dabei ist Adobe selbst eine eher konservative Firma. Das Thema Social Media kam durch den Kauf der Firma Macromedia ins Unternehmen, da diese wiederum schon sehr aktiv war mit Blogs und anderen Aktivitäten. Adove macht gerade eine Umstrukturierung durch von einer eher zentralistischen Struktur zu einer kooperativen. Dies hat wesentliche Auswirkungen auf die Social Media Strategie.

Von der Bank Wells Fargo war Ed Terpening dabei. Wells Fargo ist auch im Bereich Social Media aktiv, hat hierbei aber besondere Probleme zu beachten. Einerseits muss man viel sensibler sein, ob und was gesagt wird – damit dies nicht als Marktbeeinflussung oder Bruch des Bankgeheimnis gewertet wird. Bei 208.000 Mitarbeitern ist das nicht einfach. Darüber hinaus haben Finanzinstitute eine besonderen Sicherheitsanspruch, was u.a. die Vernetzung der einzelnen Arbeitsplätze und die Installation von Zusatzsoftware erschwert oder gar unmöglich macht. Wells Fargo hat übrigens eine Twitter basierte Hotline [7], die aber nur zu üblichen Schalteröffnungszeiten erreichbar ist. Hier können Kunden Fragen stellen und erhalten Unterstützung.

Rob Fugetta ist der CEO einer Social Media Agentur und hatte daher Fragestellungen eher allgemein betrachtet. Er hatte dafür immer nette Beispiele parat, wo und wie Social Media als „Real Time“-Medium immer größere Bedeutung erhält. so erzählte er, dass man inzwischen über Twitter über Erdbeben schneller und besser informiert wird. Je nachdem, wo und wie häufig der Begriff „Erdbeben“ auftaucht erfährt man deutlich schneller als über das nationale Erdbebenzentrum darüber. Ereignisse über Social Media Kanäle zu verfolgen ist sicher noch ein Bereich der wenig beachtet wird. Ein Beispiel für ein anderen Ereignis ist z.B. die Visualisierung der Amtseinführung von Präsident Obama am Beispiel erfasster Twittermeldungen dazu [8].

Im Rahmen des Panels kamen verschiedene Fragen zur Sprache, die hier wiedergegeben werden sollen.

Wie geht man mit den grossen Datenmengen in Twitter und andern Social Media Diensten um ?

Alle berichteten das bei Ihnen im Hause Tools wie Radian6 [9], Twittersearch [10] oder cymfony [11] zum Einsatz kommen. Aber z.B. Adobe und Cisco greifen sehr stark auf die Mitarbeiter zurück. Diese beobachten eh, was in Ihren jeweiligen Fachbereich im Internet und damit auch im Real-Time-Web passiert. Die Unternehmen nutzen dies in dem Workflows und Tools etabliert wurden, um Meldungen und Fragen auf die man stoßt gegebenfalls hausintern einfach weitergeleitet und delegiert werden können.

So gut wie alle Unternehmen haben Social Media Policies bzw. Handbücher erstellt, und unterstützen Ihre Mitarbeiter z.B. mit der Bereichstellung von Disclaimer um Haftungsrisiken für Unternehmen und Mitarbeiter zu reduzieren. Die Mitarbeiter werden ermuntert Ihr wissen und Erfahrung im Internet und damit auch im Social Media weiterzugeben.

Finden hierfür Schulungen in den Unternehmen statt ?

Der Vertreter von Wells Fargo berichtete, sie hätten die Policies und Handbücher. Spezialle Social Media Schulungen würde es zum derzeitigen Zeitpunkt nicht geben. Wenn jemand mal einen Fehler im Rahmen von Social Media Aktivitäten macht, würde das im Team thematisiert, würde ggf. eine direkte Schulung durchgeführt und das als Grundlage genommen die eigenen Policies weiterzuentwickeln. Darüber hinaus würde es aber z.B. im Rahmen der Compliance Law Trainings oder der Schulungen über Bankgeheimnisse immer wieder thematisiert werden, weil hier Social Media eine besondere Herausforderung darstellt.

Bei Adobe sieht es nicht viel anderes aus. Auch dort gibt es Policies, die ständig weiterentwickelt werden. Erstaunlicherweise hat es in den ganzen Jahren ur wenig Probleme mit Mitarbeitern gegeben. Man hätte da auch angefangen den eigenen Mitarbeitern einfach zu vertrauen.

Rob von der Social Media Agentur brachte ein etwas anderes gelagertes Beispiel von Ihren ersten Kunden – Norton Symantec. Am Anfang wollte man den Kunden erlauben Reviews über die Produkte schreiben zu können. Jedoch hatte man Bedenken, was dann geschrieben werden würde. Also war die Vorgabe, dass vor der Veröffentlichung der Reviews diese moderiert werden könnte. Dieser Workflow würde im Management Backoffice integriert. Die Funktion blieb genau zwei Wochen aktiviert, dann verzichtete man darauf. Symantec hatte gemerkt, dass die meisten Ihre Produkte wirklich mögen. In den wenigen Fällen wo das anders wo, konnte man aus der Kritik lernen und die eigenen Produkte helfen zu verbessern.

Bei aufkommenden negativen Diskussionen, wann ist der richtige Zeitpunkt einzugreifen ?

Hier zeigte sich, dass man doch stark auf die Selbstregulierungskräfte des Netzes vertraute. Das Risiko zu früh einzugreifen ist immer abzuwägen mit dem Risiko, dass sich ein Thema verselbstständigt. Im Endeffekt ist dies immer eine Fallbezogene Entscheidung, wobei alle als Grundregel nannten: Wenn Fehlinformationen verbreitet werden, muss man eingreifen.

Die Tendenz ging aber eher dahin nicht direkt einzugreifen, sondern eher den eigenen Unterstützerkreis – die Advocats – zu motivieren mitzumachen. Besonders Rob machte darauf aufmerksam, dass eigentlich jede Firma einen solchen Kreis an Unterstützern hat. Allerdings ist seine Erfahrung, dass die meisten diesen nicht kennen. Teilweise ist eine der ersten Aufgaben genau diese zu ermitteln, mit diesen zu kommunizieren und Informationen zu geben. Ein Beispiel hierfür sei beispielsweise Microsoft mit Ihren MVP Community [12]. Häufig hätten sich aber solche Advocate-Netzwerke als „Fans“ schon selbst organisiert, worauf man aufbauen könnte.

Sollte man Blogger sponsoren z.B. durch Reisen zu Messen ?

Das sahen eigentlich alle als problematisch an. Dabei war weniger das Problem, dass ein solcher Blogger ja auch negativ berichten können muss. Unabhängig davon, ob er das tut oder nicht leidet seine Glaubwürdigkeit bei seinen Lesern und seinen Netzwerk. Daher kann Sponsoring mehr schaden als nützen, wenn es bekannt werden würde. Ed von Wells Fargo brachte den Vergleich, man könne ihn genauso fragen, ob sie Journalisten des Wall Street Journal sponsoren würden. Alle meinten daher einheitlich, dass sie solches Sponsoring nicht betreiben. Allerdings kenne man auch Beispiele wo das anders wäre.

Maria (Adobe) meinte dazu differenzierter. In den USA würde man das nicht tun, in Europa jedoch wäre es eher üblich das sich Blogger sponsoren lassen. Die Frage ist, wo und wie man da die Grenze zieht. Die Spannbreite kann gehen von einen Dinner zum „socialisen“ bis hin zum Sponsoren von Flügen zu Messen oder Konferenzen. Mir viel dazu nur erst der letzte „Reinfall“ ein über den im Hinblick auf die Süddeutsche Zeitung berichtet [13] wurde.

Rob berichtete, dass Sponsoring eher nicht auf der Tagesordnung stehen würde. Jedoch Advocats gezielt mit der Möglichkeit zu versorgen, dass diese z.B. Promotions an Ihren Freundeskreis verteilen schon eher. Hier hätte man die Erfahrung gemacht, dass z.B. Promotions die über diese Kanäle verbreitet werden 5-10 mal mehr Erfolg zeigen, als über klassische Kanäle. Als Grund sieht er hier, dass die Vertrauensbeziehung zwischen Leser und Blogger einfacher eine andere ist, als zwischen einen Interessenten und einer Sales bzw. Marketingabteilung eines Unternehmens.

Wer war in den Unternehmen Förderer von Social Media als Teil der Strategie ?

Dies war sehr unterschiedlich. Cisco berichtete nur allgemein, dass dies von Mitarbeitern genauso wie von der Geschäftsleitung ausging. Wells Fargo konnte hier genauer den CMO benennen. Bei Adobe war es der Vicepräsident fürs Marketing, also ebenfalls die Marketingleitung.

Die spannendere Rückfrage, wer sich als Bremser rausstellte wurde aber nicht sehr konkret beantwortet. Es wurde angedeutet, dass es in jeder Firma jemand gab, der dagegen war. Allgemein wurde von Wells Fargo die Rechtsabteilung genannt.

Der Moderator brachte ein Beispiel von seinen früheren Arbeitgeber Hitachi. Dort hatte er im Jahr 2005 ein Wiki aufgebaut für seinen Arbeitsbereich. Dabei kam er im Konflikt mit dem Leiter für Corporate Communications, da er ja dadurch in Kontakt mit Kunden kommen würde  und das wäre nunmal die Aufgabe von Corporate Communications. Insofern bekam er die Anweisung „You report to me“.

Rob als Agenturvertreter konnte da etwas offener berichten. Er meinte, es gebe immer jemand der dagegen ist den Kunden zuviel Einfluss zu geben. Die „Angst vor dem Kunden“ ist immer irgendwo ein Problem. Seine Meinung dazu wäre immer die selbe: „Wake up“. Die Kunden kommunizieren so oder so, sie können Ihre Meinung schneller und einfacher vertreten als jemand zuvor. Man kann sich nur entscheiden Teil dieser Entwicklung zu sein oder diese als Zuschauer zu betrachten.

Abschlussfrage: Was wird in 2010 auf uns zukommen ?

Die Frage stellt vor kurzen auch die Business Week [14], wobei in Panel die Frage viel stärker aus den Unternehmens-eigenen Sicht beantortet wurde. Rob merkte an, er hoffe das der Focus wieder mehr auf den Kunden, den auf die Technologie gelegt wird. Welcher Social Media Kanal genutzt wird, würde davon abhängen, wo die Kunden aktiv sind und das wäre entscheidend.

Adobe sieht es beim Thema Mobilität und die Integration von Social Media, welches zu einen geänderten Nutzerverhalten führen würde.

Wells Fargo sieht Social Media als eigenen Kanal an, wie ein Geldautomat und andere. Es stelle sich hier die Frage, wie dieser Kanal mit den anderen existierenden Kanäle integriert werden könnte.

Bei Cisco liegt die Aufgabe im Rahmen der Umstrukturierung an die dazu passende Adaption des Social Media. Ausserdem sah man das Thema VideoCast, wobei diese Einschätzung wohl eher dem Erfolg des Flip geschuldet war.

Der Abend war auf jeden Fall interessant:

Das Thema was sich für mich am ehesten zum nachdenken gebracht hat, ist das Thema „Die fünfte Macht Social Media“, also der Einfluss von Social Media auf die Öffentlichkeit und die Medien. Dazu wurden viele Beispiele und Geschichten berichtet, aber dies Thema wird in einer eigenen Beitragsserie aufbereitet, die hier abrufbar ist: 1 [15] 2 [16] 3 [17] 4 [18] Fazit [19]