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Gespräch mit einer Social Media Expertin

Social Media Expertin Nadja Specht [1]

Social Media Expertin Nadja Specht

In San Francisco hattn wir die Gelegenheit, die Social Media Expertin Nadja Specht zu treffen. Wir führten ein Gespräch über Social Media in Deutschland und den USA im geschäftlichen und privaten Bereich. Die Bedeutung von Social Media, aber auch Ihre Einschätzung des „next big think“, waren hierbei besonders spannend.

Insbesondere durch ihren  internationalen Background, hat sie eine einzigartige Sicht und kann direkte Vergleiche zwischen verschiedenen Märkten anstellen.

Zum Hintergrund von Nadja Specht [2]:

Sie hat in Deutschland und Frankreich Business und Management studiert. In den USA machte sie an der Emory University, Atlanta ihren MBA. Sie war für verschiedene internationale Unternehmen tätig, bis sie schließlich ihre eigene Firma Nuvota [3] gründete, ein Unternehmen welches sich auf Marketing-Workshops, Coaching oder Consulting spezialisiert hat um ihre Klienten mit dem Wissen versorgen, dass sie benötigen, um im heutigen Markt zu konkurrieren. Ihr Unternehmen spricht dabei Gross- und Kleinunternehmen gleicher maßen an. Zu ihren Dienstleistungen zählen Consulting, Corporate Training und Outsourcing.

Der Ausgangspunkt des Gespräches war die wenig überraschende Einschätzung, dass Deutschland im Bereich Social Media weit im Vergleich zu den USA im Rückstand ist. Daher haben Großunternehmen, aktuell im Bereich Social Media die zentrale Aufgabe, sich entsprechend zu platzieren.

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“

In diesem Fall gilt tatsächlich „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Es ist fuer ein Unternehmen extrem wichtig, sich voll in den sozialen Medien engagieren, um erfolgreich zu sein. Mit der Hilfe von Social Media gewinnen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Konversationen über das Unternehmen finden ständig statt, gerade im Internet. Egal ob sich das Unternehmen dabei einbringt oder nicht. Daher sollten Unternehmen dort präsent sein um direkt reagieren zu können.

So hat der amerikanisches Kabelnetzbetreiber Comcast einen speziellen Twitteraccount (Comcastcares [4]) der nur Tweets über das Unternehmen abgreift und direkt auf die Userkommentare reagiert. Dadurch wird sofort eine direkte Reaktion garantiert und der Kunde fühlt sich, selbst wenn er eine Beschwerde hat, wichtig und ernst genommen.

Für Kleinunternehmen liegt der Sinn in Social Media darin, dass das Bilden einer Social Media Praesenz mit sehr geringen Kosten verbunden ist. Desweitern kann man dadurch sehr loyale „Fans“ gewinnen, aus bestehenden Kunden welche dann ihre eigenen „Freunde“ dazu animieren, sich ebenfalls mit dem Unternehmen zu beschäftigen.

Portale, die nützen

Welche Portale oder Sites die geeignetsten sind, kann man nicht so pauschal sagen, so Specht. Das würde immer auf die jeweilige Zielgruppe ankommen. Generell wären aber Twitter, Facebook, LinkedIn und im Fall Deutschlands XING die besten Plattformen. So hat Facebook seit Anfang des Jahres seiner Userzahl verdoppelt und liegt aktuell bei ca. einer halben Milliarde und ein Ende dieses exponentiellen Anstieges sei nicht in Sicht [5].

Außerhalb dieser Communities bilden sich verschiedene anders organisierte Subgruppen, die sich auf spezielle Themengebiete organisiert haben. So ist Steebster.com [6] darauf spezialisiert, User die sich für Tee interessieren zusammenzubringen. So ist dieses außerhalb der gängigen populären Sites organisiert, aber nicht minder effektiv.

In Deutschland beobachten wir eine ähnliche Entwicklungen. So meldete die IVW [7] im letzten Dezember ein Boom unter anderen bei Chefkoch.de [8].

Auf die Frage, wie Social Media und SEO ihr eigenes Online Profil beeinflussen würden, sagte Frau Specht, dass sie in erster Linie über Ihre Firma Nuvota wahrgenommen werden will. So hat sie eine Fan-Site [9] fuer ihr Unternehmen, ihr Twitteraccount [10] ist ebenfalls Nuvota wie auch ihr Blog [3]. So ist die einzig private Präsenz ihr Facebookprofil [11], denn auch auf LinkedIn [2] stellt sie sich eben in erster Linie als Geschäftsführerin von Nuvota dar. Allerdings findet im Internet eine Art natürliche Eigenzensur statt so Specht. Die Leute würden sich schlussendliche selber zensieren, auch im privaten Bereich, da alles eben positiv – oder eben auch negativ – auf sie zurückfallen kann.

USA vs Deuschland 2:0

Wir sprachen auch über ihren Eindruck was der wesentliche Unterschied zwischen Deutschland und USA beim Thema Social Media Strategien wäre. In Deutschland beginnen die meisten Unternehmen nun zu erkennen, wie groß die Bedeutung der Social Media in der Unternehmenskommunikation [12] ist. Die ersten Kampagnen in den Social Media machten klar, dass hier ein Bedarf besteht, den Erfolg der Kommunikation in den Social Media auch zu messen. Aber es sieht so aus, als wäre man da noch weit zurück.

Bei Unternehmen in Deutschland gibt es defacto noch immer keine Strategien. Positive Beispiele hingegen wären beinah alle aktuellen Tageszeitungen bzw. Newsmedien. Als Unternehmen wäre Otto positiv zu erwähnen. Diese Gruppen würden Social Media effizient nutzen. Andere traditionelle Unternehmen sind bislang einfach nicht wirkliche präsent. Der größte Unterschied ist ihrer Meinung nach der kulturelle: In Deutschland ist man in der Regel viel privater, man hat geradezu eine Aversion gegen nicht vorhandene Privacy im Internet und dementsprechend wären auch die Strategien angepasst. Ist man in Deutschland nur mit einer handvoll Leuten auch privat befreundet, ist es in den USA viel wichtiger, zu Netzwerken. So ist der Umgang mit anderen meist viel unverbindlicher und oberflächlicher, es ist aber demzufolge auch viel einfacher, neue Leute kennenzulernen. Amerikaner sind nicht so reserviert wie deutsche.

Dieses gesamte Verhalten mit Social Media Tools, wie Fachebook, Twitter, Linkedin, Xing, etc., hat nichts mehr mit den gängigen Vorurteilen  „Nur-Nerds-tun-das“ gemein. Es ist sehr wichtig, sich in diesen Bereichen zu engagieren um ein Teil von dem Ganzen zu sein. Dabei ist die Privatsphäre eher untergeordnet wichtig: es ist wichtiger dabei zu sein um zu wissen, was über einem selber verbreitet wird um eben schnell darauf reagieren zu können. Dabei sollte man an nur eine Regel denken, so Specht: Alles ist für jeden sichtbar.

Tools, die helfen

Als gutes Tool zu einfachen Erfolgsmessung nennt sie Hootsuite, dort kann man beispielsweise über die URL Shortner Funktion die Clickrate des eingestellten Links messen. Schlussendlich ist alles im Internet track- und messbar. So ist es möglich herauszufinden, wer, was, wann wie und wo auf den Link geklickt hat bzw die Site aufgerufen hat. Das ist sehr interessant für die Zielgruppenforschung. Nielsen und McKinsey haben ebenfalls ein Tool zum Integrated Measurement entwickelt und dafür inzwischen mit NM Incite [13] eine Joint Venture gegründet [14].

Ein weiteres gutes Tool wäre Radian6 [15], da es ein super Reputationmanagement für große Unternehmen hergibt. Jedes Social Media Tool ist anders. So ist es auf Twitter wichtig, Listen mit interessanten Followers zu bilden um das allgegenwärtige Rauschen dieses Mediums einzudämmen. Aus dieser Auswahl [16] könnte man dann wieder für sich selber interessante Linkbildung betreiben, so Specht.

Der „Treiber“ in Firmen, eine Social Media Strategie einzuführen, hängt laut Specht ebenfalls von der Unternehmesgröße ab. So ist es in größeren Unternehmen in der Regel die Marketingabteilung. Social Media steigert die interne Produktivität eines Unternehmens. Sie verstärkt auch eindeutig die Bindung an das Unternehmen. Bei kleineren ist es eher der Besitzer, der dieses vorantreibt. In Zweifel gezogen wird dieses ganze Vorhaben in der Regel von der Rechtsabteilung, da Social Media auch einen gewissen Kontrollverlust bedeutet.

Der Erfolg von Social Media im Vergleich zu herkömmlichen Publikationsmedien, ist ebenfalls, so Specht, von der Art des Unternehmens abhängig. Desweitern ist es eine Frage von Zeit und Budget. Man darf nicht vergessen, dass Social Media kein Sales Tool ist. Daher kann es auch nicht so einfach mit den herkömmlichen Methoden verglichen werden. So ist hierbei Branding und Communitybulding von großer Bedeutung.

Auf die Frage, wie man mit Kommentaren umgehen sollte, sagte sie, dass man eben nicht alles kommentieren muss. Auf positive Kommentare könnte man sich einfach kurz bedanken,  auf negative konstruktiv reagieren. Auf keinen Fall dürfe man Kommentare oder negative Publicity versuchen aus dem Internet zu löschen. Dieses hat im schlimmsten Fall einen „Backfire Effect“ was schiedlicher ist, als jeder negative Kommentar. In der Regel hat man aber bereits eine so starke Community gebildet, dass diese dann virtuell für das Unternehmen einspringt. Als Beispiel diente hier der Konflikt [17] zwischen Nestle [18] und Greenpeace [19].

The next big think

„The next big think“ ist ihrer Meinung nach, dass die Social Media 2011 sich zu einem Mainstream entwickelt. Immer mehr Dinge werden über Videos vermarktet. You Tube ist daher auch von großer Bedeutung. Desweiteren ist das „Location Based“ Network von zunehmend größerer Wichtigkeit. So gibt es bereits Foursquare [20] für Local Businesses. Desweiteren nehmen die Mobilen Applications für iPhones und Smartphones ebenfalls einen immer größeren Raum ein.

Abschliessend wurde noch das Reizthema „bezahlte Blogger“ angesprochen. Also Blogger die im Auftrag für Unternehmen bloggen oder twittern. Hier sollten sich diese zu erkennen geben und ihre Beiträge auch entsprechend Kennzeichnen. So hat die USA unlängst ein Gesetz verabschiedet, dass derartiges Verhalten akzeptabel ist, solange es deutlich gekennzeichnet ist, dass die entsprechende Person eben im Auftrag des Unternehmens schreibt.

Wir möchten uns hier für das Gespräch mit Nadja Specht bedanken. Es besteht die Möglichkeit auf der Webseite der Firma von Frau Specht sich regelmäßig über Tipps in den Company Blog [3] zu informieren.  (AE/FS [21])