Am 13.7. fand zeitgleich in Santa Clara, CA, Washington, DC und New York, NY ein Netzwerkmeeting von Social-Media-Experten statt. Sie waren über TelePresence verbunden und das Event wurde auch zeitgleich ins Internet gestreamt. Insgesamt nahmen 16 Länder daran teil. Organisiert wurde das ganze von Tatyana Kanzaveli [2].
Die Konferenz fand bei der Firma Cisco statt. Bekannt als Hersteller von Routern und Netzwerkkomponenten, kam hierbei von Cisco ein einzigartiges TelePresence [3]-System zum Einsatz um die drei Standorte der Diskussion und die Teilnahme aus den anderen Ländern zu verbinden. In den Konferenzräumen sind bis zu drei 65“ Flachbildschirme installiert. Auf diesen wird das Gegenüber lebensgroß übertragen. Des Weiteren waren drei Webcams installiert, sowie intelligente Mikrofone die, wie die automatischen Kameras immer zum aktuellen Sprecher schalteten. Man sitzt wie an einem runden Tisch zusammen, auch wenn sich das Gegenüber auf der anderen Seite der Welt befindet. Die Gesprächsqualität war ausgezeichnet als auch die Kameraübertragung. Es erinnerte stark an einen James Bond Film.
Moderiert wurde es aus Santa Clara von Esteban Kolsky. Er ist der CEO und Gründer von ThinkJar, das sich auf Research für Kundenstrategien spezialisiert hat. Er hat über 22 Jahre Erfahrung im Kundenservice sowie in CRM Forschungs – und Beratungsdienstleistungen. Zuletzt war er acht Jahre lang bei Gartner beschäftigt und konzentrierte sich dort auf den Kundenservice und die CRM-Forschung. Er hat die Bedingungen für die EFM (Enterprise Feedback Management) und CIH (Customer Interaction Hub) geprägt. Darüber hinaus schrieb er über die Social-Networking-Themen, die die heutigen Diskussionen geprägt hat und unterstützt Fortune-500 und Global-2000-Organisationen in allen Aspekten ihrer CRM-Implementierungen. Derzeit forscht und berät Herr Kolsky Hersteller und Unternehmen, wie sie die Interaktion mit Kunden aus der CRM-Nische verlagern können, um die gesamte Organisation zu einem sozialen Unternehmen zu machen.
[4]Die Diskussion startete mit einem Video [5] von Paul Greenberg, [6]während parallel die gesamte Zeit fleißig in den Twitter-Channel #GlobalSCRM [7] getwittert wurde. Es kamen über 850 Tweets zusammen. Die Kernaussage aller Experten dabei war immer wieder, wie wichtig Social-Media-CRM für alle Unternehmen ist. Die Belohnung für die Unternehmen ist hierbei nicht nur die gesteigerte Kundenzufriedenheit sondern auch die Bindung zum Unternehmen. Man kann über die gesamten sozialen Medien denken was man wolle – dafür oder dagegen sein, ob es sinnvoll ist oder nicht – aber es führe heutzutage kein Weg daran vorbei, sich darin zu platzieren und ein Onlineprofil zu haben. Tue man es nicht, schließe man sich kurz oder lang aus. Darüber hinaus fände Produkt- und Marken-Feedback im Realtimeweb mit oder ohne die Unternehmen statt.
Ignorieren, was im dem Social Web passiert, geschieht auf eigene Gefahr
Socziales CRM ist kein alter Hut, sondern eine neue Wissenschaft. Unternehmen haben nicht nur Hunderttausende von Menschen die sich zurzeit in sozialen Netzwerken engagieren, sondern auch Millionen betroffener Kunden. Das Engagement in den sozialen Medien macht eine sofortige Reaktion des Unternehmens auf die Kunden möglich, aber auch notwendig. Selbst wenn man am Anfang, wie die Firma Comcast berichtete, noch bis zu 70% negativer Kommentare erhielt, schaffe man es bei vernünftigem und souveränem Umgang mit den sozialen Medien die Kundenzufriedenheit auf nahezu 100% zu steigern. Bei Comcast kümmern sich 30.000 Customer Care Repräsentanten und Mitarbeiter um bis zu 1.000.000 Anfragen täglich. Dabei wird gezielt auch auf öffentliche Äusserungen z.B. auf Twitter gemonitored, um auch hier zu jenen zu antworten, die sich nicht an das Supportcenter wenden. Laut Comcast Angaben [8] wurden seit April 2008 bis Herbst 2009 auf 120.000 öffentliche Tweets und 60.000 direkt Message geantwortet.
Dabei sind auch Weiterentwicklungen des sozialen CRM denkbar, z.B. im Hinblick auf eine Interessenvertretung der Kunden. Comcast war anfangs nur für seine Dienste bekannt, aber weniger für guten Service. Daraus hat das Unternehmen die Erfahrung gewonnen, dabei zu sein. Nun ist es für seine schnelle Reaktionszeit und ausgezeichneten Service bekannt. Das größte Problem in einem Unternehmen ist meist, dass sich keiner traut, dem CEO die Wahrheit zu erzählen. So fällt einiges unter den Tisch. Aus diesem Grund gibt es auch keine Veränderungen. Das „gute Nachrichten“ in Unternehmenshierachien schneller nach oben wandern, als „Schlechte“ ist an sich ein alter Hut. Schon früher wurde versucht mit Hilfe von Controllinginstrumenten, wie Elektronische Handelsbörsen im Unternehmenseinsatz, [9] dieses Problem zu lösen. Social Media ist dabei das neueste und mit am vielversprechendste Instrument, das den Unternehmen als Lösungsansatz zur Verfügung steht.
SCRM = butterfly effect + network effect
Der Butterfly-Effect steht für die Überlegung, dass selbst kleinste Einflüsse ungeahnte und nicht berechenbare Folgen haben können; dass z. B. der Flügelschlag eines Schmetterlings als Ursache für einen Wirbelsturm auf der anderen Seite der Erde in Frage kommt. Etwas Ähnliches gilt für den Network Effect, der das Phänomen beschreibt, wonach eine Dienstleistung immer wertvoller wird, je mehr Menschen sie nutzen und eine ständig steigende Anzahl der Anwender aufweisen. Das beides zusammen macht Social CRM bzw. SCRM aus. Die Unternehmen müssen herausfinden, wie und wo sie sich am Besten im SCRM platzieren wollen. Es geht hierbei nicht darum, Angestellte, Freunde und Familie als Fans zu gewinnen. Es geht vielmehr um die Kundengewinnung von außen,also um Menschen, die bislang noch keinen direkten Bezug zum Unternehmen hatten.
Gesundes soziales Netzwerk, beginnt mit der Gemeinschaft und nicht mit der Technik
Es ist wichtig, die Menschen zusammenzubringen. Man muss hierbei die Kundenbindung, sprich deren Loyalität zum Unternehmen, fördern. Hierbei ist es wichtig, negativen Dingen nicht aus dem Weg zu gehen, sondern mit ihnen umzugehen: Im besten Fall hat man eine starke Community, die für einen selber einspringt. Ansonsten sollte man einen exzellenten Kundenservice haben, der das Internet nach Kommentaren über das Unternehmen scannt und schnellstmöglich auf diese Umstände reagiert, indem eine Lösung oder zumindest eine Entschuldigung angeboten wird. Man muss den Kunden ernst nehmen, Ignoranz ist der völlig falsche Weg. Wenn sich der Kunde ernst genommen fühlt, steigert das seine Loyalität zum Unternehmen und somit auch seine Bindung. Er wird dann vielleicht über seine zuvor gemachte, negative Erfahrung berichten aber im gleichen Atemzug auch über den schnellen und direkten Service zur Lösung des Problems. Der Ruf des Unternehmens steigert sich dadurch enorm.
Communities sind der Kern von Social CRM
Social Media Tools können nicht isoliert betrachtet werden. Der Tag wird kommen, an dem wir zu einem Kunden über alle Kanäle sprechen. Schon jetzt bieten viele Social Media Portale eine Vernetzung mit anderen Portalen an: Was auf Twitter gepostet wird, kann auch auf Facebook, LikedIn, Xing, etc. zeitgleich erscheinen und umgekehrt. Kundenbindung ist die preiswerteste Form der Kundengewinnung! SCRM ist der Weg zurück zu einer Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk. Es gibt keinen Anführer, es sind vorerst alle gleich, alle haben die gleichen Rechte und auch Pflichten gegenüber der Community. Das Unternehmen ist in diesem Moment seinem Kunden gleichgestellt, die Kommunikation geschieht auf einer Ebene, auf Augenhöhe. Es gibt jedoch gewisse Regeln [10], an die sich alle zu halten haben.
In Communities gilt es darüber hinaus die Nutzer bzw. Kunden zu ermuntern an Diskussionen, Kritik aber auch an Lösungen mitzuarbeiten („Engangement“). Solche Gemeinschaften, deren Mitglieder eine gemeinsame „Leidenschaft“ teilen, können dem Unternehmen helfen, stellen aber natürlich ein Risiko dar. Aus diesem Grund wird mit dem Aufbau der Community und nicht mit technologischen Fragen gestartet. Die Dynamik im Unternehmen muss sich schnell ändern und dahingehend anpassen, wie mit den Kunden schnellstmöglich interagiert werden kann. Das Hauptproblem von Unternehmen ist hierbei, dass sie nicht daran gewohnt sind, zuzuhören.
[11]Brian Solis, weltweit anerkannter Spezialist für Social Media, ist der Meinung, dass man das „C“ aus dem Begriff CRM streichen sollte. Es wäre an der Zeit, Kunden als Personen und Menschen wahrzunehmen und nicht als die reine Kaufkraft zum Geschäft zu machen. Wir werden also über kurz oder lang soziale Medien mit Begriffen brauchen, die keinen Unterschied mehr zwischen Kunden und Bürgern (= Stakeholdern) machen. Frank Eliason von @comcastcares hingegen warf dazu ein, dass „M“ aus dem Begriff CRM das eigentliche Problem sei. Es gibt keine eigentliche Kontrolle über die Kunden mehr. Ultimativ, direkt oder indirekt – es geht immer um den Kunden und den Gewinn, den man dadurch hat. Schlussendlich sind die Eigenschaften und Funktionen, aber auch wie man Dinge handhabt wichtiger, als eine genaue Definition des Namens.
Die Welt ist im Wandel. Alles ändert sich: Nicht nur, wie man die neuen Systeme zu integrieren hat und damit Zusammenarbeit schaffen kann, sondern auch wie man damit interagiert. Der Weg geht in jedem Fall zuerst über den Kunden, die Technologie ist hierbei nur ein Hilfsmittel. Natürlich ist die Technik hierbei auch wichtig, aber soziale Communitybuilding ind Technik bauen auf einander auf. Zuerst braucht man die Nutzkultur, danach die entsprechenden Tools. Die Communities sind ein wichtiger Teil, aber sie befinden sich immer noch außerhalb des Unternehmens. Ein Unternehmen kann jedoch den Umgang mit ihnen steuern. Social Media macht eine neue Art des gesellschaftlichen Bewusstseins aus – Menschen helfen einander bei Fragen oder Problemen. Unternehmen sollten sich genau das zu Nutze machen: Der Wunsch des Menschen, zu etwas dazuzugehören, in Kontakt zu bleiben und neue Kontakte zu knüpfen.
In Amerika hat die Regierung [12] bereits angefangen, sich im Bereich Social Media zu platzieren. Jeder, der dort über die Community zur Regierung kommt, ist ein Kunde. Und so geht auch die Regierung mit jedem Einzelnen um. Da hat zur Folge, dass die Menschen sich ernst genommen fühlen. In Deutschland kennt man den Gedanken des „Bürgers als Kunden“ auch, aber in vielen Fällen beschränken sich entsprechende Maßnahmen auf die Schaffung zentraler Bürger-Service-Centren, die jedoch keine Änderung im Hinblick auf die Einstellung und Kommunikation zum Kunden beinhalten.
Ein positives Beispiel dafür ist in den USA die „Microsoft Townhall“. Viele Politiker nutzen bereits bekannte soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook, um sich mit Wählern und „Fans“ zu vernetzen. Microsofts Projekt TownHall kann für politische Zwecke verwendet werden. Benutzer können sich mittels Facebook Connect einloggen um Fragen zu stellen und an Diskussionen sowie Umfragen teilzunehmen.
„Foursquare“ [13] ist ein weiteres gutes Beispiel für diese Entwicklung. Durch die neuen mobilen Geräte und der Möglichkeit, die Position der Mitglieder zu bestimmen bildet sich eine immer stärkere Gemeinschaft. Die Gesellschaft ist im Wandel. Ray Wang, von der Altimeter Group, warf ein, dass wir
- uns in einer sozialen Revolution befinden und dass
- Unternehmen verstärkt ins Hintertreffen geraten wenn sie sich nicht schnell genug anpassen.
Aber ist es wirklich eine soziale Revolution oder nur eine der Kommunikationsweise? Die User im Twitter-Feed einigten sich schnell darauf, dass es beides sei.
[14]Die Welt wird zu einem globalen Dorf, in dem jeder jeden kennt. Die omnipräsente Tranzparenz ist hierbei die antreibende Kraft. Viele Unternehmen passen sich dem nicht schnell genug an, was sie über kurz oder lang „umbringen“ wird. Es gibt kaum noch Geheimnisse oder Privatsphäre. Dr. Natalie Petouhoff, Chief Strategist @WeberShandwick, betrachtet das Ganze eher von der sozialen Seite. Eventuell sollte man sich nicht in erster Linie maßgeblich auf das Geschäft konzentrieren, sondern vielmehr auf einen vernünftigen Umgang miteinander. Es geht nicht darum, den Kunden nur als Nummer zu sehen, sondern ihn als Menschen, als Individuum, zu verstehen. Wir brauchen dringend eine Art von Führung innerhalb der großen globalen Probleme, die sich um alles kümmert: Menschen, Kunden, Bürger. Empathie und Emotionen sind wichtig, wenn man heutzutage Business machen will. Das Unternehmen sollte eine Seele haben.
Social Media ist sexy! Man muss sich dahin begeben, wo die Kunden sind und darüber hinaus verstanden werdn, was sie wollen und brauchen. Die Revolution der Angestellten von Unternehmen hat bereits begonnen. Der Angestellte, der privat viel mit sozialen Medien arbeitet, ist die meist ignorierte Person in der Welt. Mitarbeiter sind Teil der Community. Die Kundenbindung wurde an einer Stelle auch mit der alten Vampirgeschichte verglichen: Lade die Kunden ein, damit sie kommen. (AE [15])