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Ein 40 Punkte Plan zum sozialen Spielen

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Es kann nur einen Sieger geben

Auf der GDC [2] in San Francisco hielt Raph Koster [3]einen beeindruckenden Vortrag über die sozialen Mechanismen in Spielen. Beeindruckend war diese nicht nur inhaltlich – das Tempo der 189 Slides [4] langen Präsentation in nur 60 Minuten war atemberaubend.

Viel Zeit zum nachdenken oder Fragen stellen blieb nicht. Und doch war der Inhalt beachtenswert. Der VP von Creative Design fasste in 40 Kernaussagen zusammen, was soziales Spielen ausmacht, was jeden Multiplayer antreibt [5], online oder auch offline. Oftmals mit der nötigen Selbstironie und auch so mancher MMO Spieler sollte sich wiedererkannt haben.

Social gaming today: A game that is not played in opposition to, or in parallel with, or collaboratively with, someone else. – Raph Koster

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Raph Koster

Jedes Spiel, online [7] oder offline [8], das gespielt wird, unterliegt gewissen Regeln. Auch wenn gemeinsam, beispielsweise ein Radrennen gefahren wird, ist es keine soziale Erfahrung, alle sind Einzelkämpfer. Es ist kein Miteinander sondern ein klares Gegeneinander. Die Regeln hierbei sind klar, hartes Training ist erlaubt um sich zu verbessern, Doping hingegen ist ein no-go. Generell bedeutet das, dass ein Social Game, das online von einem Einzelnem gespielt wird, auch wenn es wie Farmville, viele „Mitspieler“ hat, immer eine sehr einsame Erfahrung [9]bleiben wird. Diese Spiele werden nebeneinander her gespielt und eine Gruppenerfahrung, wie sie beispielsweise World of Warcraft zu bieten hat, völlig unter den Tisch fällt. Aber was macht dann das soziale Miteinander beim Spielen aus? Hier nun auszugsweise die wichtigsten Punkte:

Einander helfen

Die einfachste Form innerhalb eines Spiels miteinander in Aktion zu treten ist, einander zu helfen [10]und zu unterstützen. Die Spieler werden ihre Erfahrungen mit dem Spiel, ihre Begeisterungen aber auch ihre Kritik, mit anderen Mitspielern teilen wollen. Das geschieht innerhab der Sozialen Netze aber auch in speziellen Foren zu dem Thema des jeweiligen Spiels.

Die erreichten Leistungen des einzelnen Spielers, die er in dem Spiel vollbracht hat, definieren seinen Status innerhalb des Spiels. Desweiteren führt der Erste, der das Ziel erreicht hat, das Spiel an [11]. Das passiert in jedem regulärem sportlichen Wettbewerb. Dadurch entsteht ein Konkurrenzkampf innerhalb des Spiels, mit den Besten, da jeder an der Spitze stehen möchte.

Turniere und Beschränkungen

Je häufiger Wettbewerbe stattfinden, desto mehr Mitspieler wird das Spiel erlangen. Im offline Bereich haben diese oft eine pyramidale Struktur, im online Bereich, wo es viel mehr Mitspieler gibt, können ähnlich qualifizierte Spieler im PvP (Player vs. Player [12]) Bereich aufeinander treffen und hierbei auf oder absteigen.

Es gibt in Online Spielen kein wirkliches, uniques Item. Die Chance es zum gleichen Zeitpunkt, wie der Gegner zu erhalten, ist evtl. nicht hoch aber dennoch möglich. Logischerweise gibt es den Konkurrenzkampf, als erstes den begehrten Gegenstand zu erhalten, aber selbst wenn er dieses Mal nicht gewonnen wird, so wird es ihn nach einem bestimmten Zeitraum erneut geben. Auch bei limited Editions [13]haben immer mehr als nur ein Spieler das begehrte Item.

Auch das Verhalten der Selbstbeschränkung kennen wir alle. Spielen wir gegen beispielweise Kinder, stellen wir uns selber zurück, damit es noch einigermaßen fair bleibt. Das Verhalten mit Kindern, sollte allerdings nur bei offline Spielen angewendet werden – in online Spielen könne uns bereits jedes dreijährige Kind vernichtend schlagen.

Herrschaftswissen innerhalb eines Spiels gibt es häufig. In dem Fall ist Wissen eindeutig Macht, welche sich ggf. zu Nutzen gemacht werden kann, sei es sie gegen Items einzutauschen.

Bis zum letzen Mann!

Hier wird ein Spiel endlich synchron und sozial. Ein Kampf in Echtzeit gegeneinander als Rennen, Schlagabtausch, Wettbewerb etc. erfordert ein ganz anderes Verhalten der Teilnehmer.

Innerhalb des Spieles kann oftmals auf einen bestimmten, begehrten Gegenstand geboten werden [14]. Zumeist sind diese hochbegehrt und gehen zu unverschämten Preisen weg, der Markt ist einfach zu manipulieren, wie auch im realen Leben. Bei bestimmten Auktionen innerhalb eines Online Spieles ist der Auktionator ein realer Spieler. Aber es kann auch eine Auktion gegen den Algorithmus des Spieles sein, was alle psychologischen Grundsätze sogleich ausser Kraft setzt. Aber es gibt auch das einfache Tauschen: Im Gegensatz zu Auktionen werden hier Gegenstände getauscht, sodass beide Seiten einen Vorteil haben. Das ist ein sehr sozialer Austausch, da auch immer verhandelt werden muss. MMO’s haben ausgeprägtere Strukturen in diesem Bereich, da die Spieler eine eigene Ökonomie teilen.

„Prisoner‘s Dilemma“

Die Spieler müssen sich entscheiden, entweder mit dem Gegner zu kollaborieren und Geheimnisse zu teilen [15]oder beide Seiten werden verlieren.


Ein unabhängiger Dritter, der das Spiel beobachtet und leitet ist der sogenannte Gamemaster. Dieser kann unter Umständen großen Einfluss [16]auf das Spielgeschehen nehmen, was nicht Sinn der Sache ist. Prinzipiell sollte er unabhängig und neutral sein.
Desweitern werden sich innerhalb des Spiels schnell Rollen und Rituale [17]bilden. So wird in Gruppen, die sich zusammen tun um gemeinsam zu spielen, schnell eine gewisse Strukturierung stattfinden, in der ein jeder Spieler seine eigene Rolle auszufüllen hat.

Die Spieler sehnen sich innerhalb des Spiels nach der vertrauten Struktur, die sie auch ausserhalb des Spieles finden. Zeremonien und Geschenke sind nur ein kleiner Teil, um eine große Verbundenheit zu generieren. So werden zumeist immer auf Jahreszeiten und Festivitäten [18], die innerhalb des jeweiligen Kulturkreises stattfinden, eingegangen. Auch spielt dabei häufig, der gegenseitige Austausch eine gewichtige Rolle um gewisse Ziele am Ende zu erreichen. Es ist quasi eine Verpflichtung, sozial zu sein.

Innerhalb der Spiele schließen sich die Teilnehmer gerne zu Gruppen zusammen, die innerhalb des großen Gefüges, eine eigene Untergruppe bilden. Es ist recht exklusiv zu einer solchen zu gehören und ist oftmals auch mit einigen Vorteilen verbunden. Auch kann innerhalb dieser Struktur ein interner Wettbewerb [19] stattfinden, hierbei ist beispielsweise an Turniere zu denken, wie wir sie beispielsweise aus dem Fußball kennen. Alle Mitglieder der Gruppe, können einen gewissen Gegenstand besitzen, dass sie als Teil dieser Gemeinschaft [20] ausweist. Sind es die Mikey-Mouse-Ohren die erhalten werden, sobald  Disneyland betreten wird, das Trikot des Clubs, das einen als Fan ausweist oder auch ein Guild-Tabard innerhalb eines Online Spiels – schlussendlich sagt es das Eine aus: Ich gehöre dazu. Das schafft eine besondere Identifikation.

Vertrauen ist wichtig

Zwei wichtige Punkte innerhalb der sozialen Strukturen sind Vertrauen und der Ausschluss des Teilnehmers, wenn er diese bricht. Innerhalb des Spieles muss ein Vertrauen in die Regeln, Strukturen und Mitspielern herrschen, ansonsten verliert es schnell an Beliebtheit und kann mit Verachtung gestraft werden, also nicht mehr gespielt werden.

Für alle öffentlichen Güter muss nicht gekämpft werden. Die Luft, zum Atmen, steht jedem zur Verfügung. Schwieriger wird es bei Dingen, die nur innerhalb einer gewissen Gemeinschaft zu erhalten sind. Das ist eng mit dem Punkt „Tragedy of the prisoner’s“ verbunden. Wenn ein Spiel nicht synchron ist, kann es schnell zu einer Verschiebung der Werte der Gegenstände führen. Auch innerhalb von Spielen mit eigener Ökonomie gibt es Inflation. Teilen will gelernt und geübt sein. Wird aber diese sinnvoll geführt, ist das ein Musterbeispiel von Struktur – ein Musterbeispiel für funktionierende Politik.

Das größte „soziale Spiel [21]“ ist die Politik, oder auch American Idols. Innerhalb dieser Art von Spielen, wird über eine Wahl der Gewinner bestimmt. Der Wert des Einzelnen hierbei ist sein Ruf, Einfluss und die Popularität, die er erlangt oder bereits erlangt hat.

Innerhalb eines jeden Spiels gibt es die Experten, die die richtige Strategie und auch Abläufe innerhalb des Systems durchschaut haben und daraus ein öffentliches Gut machen. Dieses geben sie entweder gratis heraus oder verkaufen es. Oftmals geschieht dieses in Teamwork. Kein Wissen ist größer, als das sinnvoll genutzte der Masse.

Dankbarkeit!

Um kein „virtueller Soziopath“ [22] zu werden, ist es wichtig, die Frustration außerhalb des Spiels, oder sie nur an den passenden Stellen anklingen lassen. Schlussendlich ist jede Art von Handeln und partizipieren an der Welt und dem Geschehen um uns herum, laut seiner Definition, ein Spiel. Soziale Spiele [23] beschränken sich demzufolge nicht nur auf die virtuelle Welt, wie hier eindrucksvoll demonstriert wurde. (AE [24])