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Googles Motto „Don’t be evil“ – ein Mythos?

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"Emerald Sea", 1878 von Albert Bierstadt, nutzte Google als Inspiration gegen Facebook

Zwei Jahre lang recherchierte, beobachtete, und interviewte Steven Levy die Mitarbeiter von Google um hinterher all die kleinen, noch nicht veröffentlichten Anekdoten in einem Buch zusammenzufassen. Bei einer Veranstaltung des Churchill Clubs [2] in Palo Alto präsentierte er sein neuestes Buch „In the Plex“ in dem er beschreibt, was er über Google gelernt hat: wie das Unternehmen funktioniert, was andere Firmen von Google lernen können aber auch wie sich das Unternehmen durch seinen ständigen Wachstum verändert – zum Schlechten oder Guten.

Durch die Veranstaltung führte erneut die Journalistin Kara Swisher, [3] welche ebenfalls langjährige  Erfahrungen im technologie Bereich vorweisen kann. So trafen hier zwei Personen aufeinander, die sich nicht nur schon lange kennen, sondern auch beide Experten in technologie Themen sind.

Das Buch zeigt einen interessanten Blick hinter die Kulissen von Google und ist mit vielen unterhaltsamen Anekdoten gespickt. Im Endeffekt läuft immer alles auf Googles inoffizielles Motto hinaus: „Don’t be evil“ [4].

Google und der „saure Apfel“

SVB Kara Swisher Stephen Levy Churchill Club [5]

Kara Swisher und Stephen Levy beim Churchill Club

Das Buch behandelt unter anderem die Geschichte, wie die Gründer Sergey Brin [6] und Larry Page [7]versuchten, Steve Jobs als Chief Executive [8] anzustellen, daran scheiterten und sich am Ende mit ihm überwarfen. Das erste Problem war, dass Mr Jobs zu diesem Zeitpunkt eine wesentlich bessere Position bei Apple hatte, da das Unternehmen damals viel erfolgreicher als Google, ein kleines Startup, war. Aber trotz seiner Ablehnung für die Position, sah er doch das Potential von Google und willigte ein, ein Mentor für Brin und Page zu werden.

We did not enter the search business. They entered the phone business. Make no mistake: they want to kill the iPhone. We won’t let them […] This don’t be evil mantra? It’s bullshit. – Steve Jobs

Die Probleme, die schließlich zum Bruch führten entstanden, als Google sich intensiv den Android Smartphones annahm. Apple sah es als direktes Konkurrenzprodukt zum iPone an und als Steve Jobs bei einem Besuch Funktionen des Geräts entdeckte, die seiner Meinung nach eindeutig von Apple gestohlen worden waren, fühlte er sich von den beiden betrogen und beendete den Kontakt. Nach dieser Erfahrung bezeichnete Jobs das Motto von Google „Don’t be evil“  als „bulls**t“. [9] Schlussendlich erhielt Eric Schmidt [10]die Position, die Jobs abgelehnt hatte, aber auch er arbeitete zuvor für Apple. [11] Interessanterweise schaffte es Steve Jobs die gesamte Entwicklung vom Ipad [12]vor Schmidt geheim zu halten, sodass in diesem Fall Google keine Chance hatte, ein Konkurrenzprodukt nahezu zeitgleich auf den Markt zu bringen.

Google senkt die chinesische Moral

Eine weitere Anekdote war, was in China passierte. Wie bekannt ist, hatte sich Google im Jahr 2009 aus China zurückgezogen, neun Jahre nachdem sie dort begonnen hatten. Der Grund dafür war, dass Hacker in Email Konten [13] eingebrochen hatten, welche laut Brin [14] augenscheinlich von der Regierung bezahlt worden sind. In diesem Land ereignete sich auch „der schlimmste Moment in der Geschichte Googels“- Ein leitender Angestellter wurde entlassen, nachdem er iPods an chinesische Regierungsvertreter [15] gab, eine übliche Geschäftspraxis in China. Daraufhin wurde das Motto der Firma „Don’t be evil“ [16] als Lüge bezeichnet und dass das Unternehmen zu einer niedrigen Moral in Pekinger Büros führen würde. Eric Schmidt [17]wollte zwar in China bleiben, wurde aber überstimmt und es wird angenommen, dass diese Entscheidung schwerwiegende Konsequenzen innerhalb des Verhältnisses zwischen ihm und den Firmengründern hatte. Inzwischen arbeitet Schmidt auch nicht mehr bei Google sondern Page hat die Führung übernommen und deutete an, dass er mit der Promotion sieben weiterer Führungskräfte [18], das Unternehmen innovativer anstatt gewinntreibend machen will.

They’re supernervous about Facebook. Facebook’s not strong in their rear view mirror. Facebook’s strong when they’re looking out their windshield. – Steven Levy

Eine weitere Schlacht die Google kämpft , und die er in seinem Buch beschrieben hat, ist die gegen Facebook und den Kritikern der Datenschutzrichtlinen. Auch diese haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Eric Schmidt hatte sich öffentlich zuvor mehrmals zum Thema Datenschutz geäußert [19] und leistete sich einen Fauxpas innerhalb des Unternehmens [20]. Er fragte Google, gewisse Informationen über eine politische Spende [21] die er geleistet hat, aus der Suchmaschine zu entfernen. Sheryl Sandberg, [22]zu dem Zeitpunkt eine Managerin bei Google, inzwischen Operating Officer bei Facebook, machte deutlich, dass dieses Ansuchen inakzeptabel [23] wäre. Später sagte eine weitere Sprecherin dazu, dass Schmidt bestreiten würde, dass sich dieses je zugetragen [24]hätte.

Das Urs-Quake

Googles technischer Vice President Urs Hölzle schrieb im vergangenen Jahr ein Memo dazu, auch das „Urs-Quake“ [25] genannt. Es war eine Warnung, dass Google innerhalb der sozialen Netze weit zurückliegen würde und schnellst möglich Menschen für diesen Bereich rekrutieren müsse. Er nannte das Projekt „Emerald Sea“ [26] und hing dazu, laut Levy, ein Gemälde von 1878 in der Eingangshalle von Google auf. Es zeigt eine riesige Welle, die über ein Schiff hereinbricht. Das Schiff könne Google sein, warnte er. Entweder würde das Unternehmen auf der Social Network Welle segeln, oder darin untergehen. Laut Levy liegt Googels Unfähigkeit, sich innerhalb der Sozialen Netze zu behaupten darin, dass es nie gelernt hat, sich gegen einen Konkurrenten durchsetzen [27]zu müssen.

Der ideale Arbeitgeber

Aber neben vielen kleinen interessanten Geschichten gab es auch einige sehr interessante Punkte, beispielsweise wie Google mit seinen Mitarbeitern [28]umgeht. Nicht nur, dass es auf dem Campus von Google viele Freizeitmöglichkeiten und viele Kantinen mit unterschiedlichen kulturellen Essensangeboten die von den Mitarbeitern gratis genutzt werden können, gibt, so hält Google auch jeden einzelnen dazu an, 20% ihrer Arbeitszeit  an einem eigenen Projekt zu forschen [29]. Kein Wunder, dass die 24.000 Angestellten Google als den perfekten Arbeitgeber ansehen. Laut Levy würde zudem jeder einzelne Angestelltenvertrag noch immer von Larry Page persönlich unterschrieben werden.

Eine große Herausforderung ist das rapide Wachstum des Unternehmens. Viele intelligente Menschen haben Zugang zu allen erdenklichen Ressourcen und sind oftmals mit den Ideen ihrer Zeit voraus. Einige sind technisch sofort umsetzbar, andere  stoßen auf Hindernisse. Googles Plan alle Bücher der Welt [30] einzuscannen und für jeden zugänglich zu machen, scheiterte an rechtlichen Hürden von der Autorenseite.

Desweitern hat auch die schwierige ökonomische Lage Google beeinflusst. Hatten Googles Ingenieure in der Vergangeheit oftmals kleinere Unternehmen dem Giganten einverleibt, hat sich dieser Prozess nun verlangsamt. Aber mit einem Marktwert von über 180 Milliarden Dollar ist Google auch ein Beispiel dafür, wie schon so oft  in Amerika aus einem Garagenunternehmen [31] ein internationaler Konzern werden kann. (AE [32])

 

In the Plex [33]“ von Stephen Levy [34] ist  bei Amazon für $16.51 erhältlich