Churchill Club Wikileaks SVB

Das Panel des Chrurchillclubs

Am 19. Februar veranstaltete der Churchill Club ein Panel, das sich mit dem Thema Wikileaks auseinandersetzte. Unternehmensgründer, Professoren für Recht, Informatik, Investoren und Journalisten waren unter den Sprechern ebenso vertreten, wie  ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums der als erster Whistleblower in die Geschichte einging.

In einer spannenden Diskussion wurde darüber diskutiert, wie Wikileaks in die Verfassung der USA einzuordnen ist, ob es sich bei Wikileaks um eine historische Zäsur im Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Regierenden handelt oder doch eher um eine Randerscheinung, geprägt durch einen stark in der Öffentlichkeit agierenden Julian Assange.

Dabei waren die Diskussion von Geschichtsbewusstsein und Einordnung in die politischen Gesamtzusammenhänge geprägt. Die Erfahrungen, insbesondere Daniel Ellsberg, waren dabei immer wieder Ausgangspunkt der Diskussion. 1971 hatte er  mit der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere einen wesentlichen Beitrag zum Ende des Vietnamkrieges geleistet. Für seine Rolle war er der Erste, der von der Regierung verklagt worden ist.

Während Veranstaltung kamen Themen wie die Einordnung der Wikileaksaktivitäten in die US-Verfassung genauso zur Sprache, wie auch die Problematik, dass die Verfassung den öffentlichen Raum schützt – das Internet aber eher ein von Unternehmen betriebener Raum darstellt. Die Verantwortung von Unternehmen, wie auch die von Wikileaks wurde diskutiert, sowie die einzelnen Auswirkungen auf Diplomatie, Pressefreiheit und zukünftige Entwicklungen.

Issues of Rights

Paul Jay von Real News Network, moderierte das Panel, welches eine ganz andere Perspektive hatte, als die in Deutschland gegeben ist. So zeigten die Sprecher mit Beispielen und kleineren Anekdoten auf,  was die tatsächlichen Probleme innerhalb der ganzen Diskussion seien. Es wurde dabei nicht auf mögliche Verschörungstheorien eingegangen, sondern auf einer sehr sachlichen Ebene politische Misstände aufgezeigt und über die Zukunft des Journalismus gesprochen.

Bei dem Thema Wikileaks geht es in erster Linie um ein Problem der Rechte – Das Recht der Regierungen ihre Geheimnisse zu wahren, das Recht der Bevölkerung auf Transparenz, das Recht von Firmen, ihre eigene Interessen zu wahren und das Recht, eine öffentliche Debatte im Internet zu führen. Unter dem Strich waren sich alle einig, dass Wikileaks von großer Wichtigkeit ist und es mehr Transparenz für die Weltöffenlichkeit bedeutet.

Daniel Ellsberg, ehemaliger Mitarbeiter vom US-Verteidigungsministerium, ist ein Verfechter der Demokratie mit tiefen politischen Einblicken. So hat Obama den Bürgern zwar allgemeine Transparenz zugesagt, hat aber bis heute fünf mal in den vergangenen zwei Jahren, sogenannte Gag Orders austeilen lassen. Sollte er auch gegen Assange vorgehen, wäre es doppelt so häufig als bei allenVorgängerregierungen zusammen genommen. Aber in Ermangelung eines entsprechenden Gesetzes, bedienen sich die Regierungen eines Tricks: des 1917 erlassenen Espionage Acts welches bereits drei mal erfolgreich gegen Whistleblower eingesetzt wurde – zum Ersten mal 1971 gegen Daniel Ellsberg . Der Versuch ein passenderes Gesetz zu verabschieden ist im Jahr 2000 unter Clinton gescheitert. Obama selbst verhängt Restriktionen und verurteilt Whistleblower als Kriminelle. Und doch hat er selber in Geheimdokumenten US-Bürger zur Illiminierung freigegeben.

I believe there are more instances of the abridgement of the freedom of the people by gradual and silent encroachments of those in power than by violent and sudden usurpations. – James Madison 4th president of US (1751 – 1836)

Neville Roy Singhman, Gründer von ThoughtWorks, stellte die Frage in den Raum, wo die Grenzen der Transparenz des Individuums und der Regierung seien. Der Welt würde mehr Transparenz innerhalb der Politik gut tun. Leider setzen die Regierungen immer gewalttätigere Verschleierungstaktiken ein, während sie von ihren Bürgern absolute Offenheit fordern. So könne auch die Aktion von Senator Lieberman als ein solcher gewertet werden, welcher indirekt dafür gesorgt hat, dass amazon Wikileaks von seinen Servern verbannt hat und weitere Firmen folgten diesem Beispiel . Er erzählte hierzu auch eine interessante Geschichte von vier Bibliothekaren in Connecticut, welche sich gegen eine Gag Order gewehrt haben. Die Mehrheit der Menschen auߟerhalb der USA sei zutiefst erschüttert, wie dieser Staat und Europa mit der ganzen Geschichte umgehe. Er brachte er das Beispiel einer Firma in Kanada, welche meint, dass sie es mit ihrer Verantwortung gegenüber den Daten ihrer Kunden nicht mehr verantworten können, auf Servern in den USA zu hosten.

Wikileaks – Multihome International Press Organisation

Eine ähnliche Meinung vertrat Clay Shirky, Professor für Social Media an der New York University. Bei den letzten Veröffentlichungen von Wikileaks war es nur vernünftig, auch internationale Medien einzuschalten, da diese von den Bürgern einer Demokratie eher als unabhängig wahrgenommen wird. Freie Informationen für alle ist wichtig. Früher seinen Informationen lokal und nicht global gewesen, Wikileaks sei die erste Multihome International Press Organisation. Prinzipiell rate er dazu, die brisanten Informationen nicht ausgerechnet in dem betroffenen Land zu veröffentlichen. Hypokriet ist das Verhalten von Liebermann: Er wende unterschiedliche Maßstäbe an: was er von Wikileaks fordert, fordere er nicht von der NYT, obwohl diese das gleiche veröffentlicht hat.

Never negotiate with terrorists – except in every specific instance  – Peter Thiel

Der Hedgefund Manager Peter Thiel, sieht Wikileaks als ein ernstzunehmendes Informationssystem an, welches sich durch Gesetze nicht einschränken lassen sollte. Schlussendlich würde es zu einem gesünderen Ecosystem führen, welches nicht mehr dermassen kontrolliert werden würde. Allerdings habe es auch eine Verantwortung gegenüber den Menschen und nur die Zukunft wird zeigen, wie damit vernüftig umgegangen werden kann.

Schlussendlich habe jeder seine Rolle zu spielen, so Jonathan Zittrain, Professor der Informatik und Rechtswissenschaften in Harvard. Die Firmen wurden unter massiven Druck gesetzt und wollen doch auch ihre eigenen Interessen wahren. Das ist sehr verzwickt da es auf einen Streit zwischen der Regierung und den Unternehmen hinausläuft. Wikileaks verändert dazu nachhaltig die Rolle des Journalismus.

United Stasi of America

Eine interessante Anekdote wurde auch zum Besten gegeben:  bei Facebook war der Chef des FBI zu Besuch, um nach eigener Aussage „mal eben ‚hi‘ zu Mark Zuckerberg zu sagen“– und niemand war darüber erstaunt. Nur weil es Twitter als einziges Massenmedium publik gemacht hat, eine Gag Order erhalten zu haben, heisst es noch lange nicht, dass nicht auch Google und Facebook  ebenfalls davon betroffen waren. Daniel Ellsberg verwies dabei auf den Film „Das Leben der Anderen“ und zog eindeutige Parallelen: zusammen haben Facebook, Twitter und Google eine größere Database über die Bevölkerung als das FBI jemals aus eigener Kraft zusammentragen könne. Bei einer Verknüfung der vorliegenden Daten gäbe es endlich den absolut gläsernen Menschen und desweiteren haben sie die Macht, die Bevölkerung zu manipulieren.

Er nannte das Gebilde was diese Unternehmen schaffen könnten, die „United Stasi of America“.

Die ganze Breite und Tiefe der Diskussion kann in einen kurzen Artikel nur eingeschränkt wiedergegeben werden. Die Veranstaltung ist aber im Internet bei Flora.TV auch abrufbar. (FS/AE)

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